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Tour de Rugby 2023 – das Bleu, Blanc, Reisetagebuch – Bleu, Blanc, Rugby – der deutschsprachige Podcast über französischen Rugby

Tour de Rugby 2023 – das Bleu, Blanc, Reisetagebuch

Narbonne

Wie jedes Jahr im September habe ich auch in diesem Jahr meinen Urlaub genutzt um Zeit im Land des Hexagons, der Ovalie und des Weins zu verbringen. Und wie in jedem Jahr startete meine Reise mit einem Besuch bei unserer Familie in Salles-d’Aude, einem mittlerweile 3.500-Einwohner-kleinen Ort vor Narbonne. Tatsächlich ist mein Großvater allerdings ein Dorf weiter aufgewachsen, Fleury d’Aude, sportlich sind beide Orte aber in der Entente Fleury-Salles-Coursan vereint. Die Region zählt zu den ärmeren in Frankreich und lebt neben dem Tourismus seit Jahrhunderten vom Weinanbau, welcher in Folge des Klimawandels Jahr für Jahr schwieriger wird.

Die Markthalle von Narbonne


Die Stadt Narbonne selbst für seine Kathedrale, eine der höchsten Frankreichs, seinen breiten Sandstrand und seine Markthallen, die 2022 zu den schönsten Frankreichs gewählt wurden.
Neben den Zahlreichen Markständen enthält das historische Gebäude auch mehrere kleine Restaurants und Bars, welche besonders an Spieltagen gerne von Fans genutzt werden um sich über das zu erwartende Spielglück zu informieren.
Zwei Dinge fallen bei einem Spaziergang durch die zwar kleine, aber durchaus feine Innenstadt auf: Anlässlich der WM ist so gut wie jeder der kleinen Läden mit Rugbybällen und Girlanden dekoriert und die gesperrte Krämerbrücke, welche den Marktvorplatz und den Platz vor Kathedrale und Rathaus voneinander trennt.

Die 2000 Jahre alte Pont des Marchands


Dabei wurde die ähnlich der Erfurter Krämerbrücke bereits vor über 2000 Jahren erbaut! Sie ist eines der vielen Überbleibsel der römischen Hochzeiten und Narbo Martia, der ersten Tochter Roms und des zweitwichtigsten Mittelmeerhafens nach Rom selbst.
Die «Pont des Marchands» steht dabei sinnbildlich für viele Dinge in Narbonne: Vor zwei Jahren, zur Hochphase der Pandemie, eröffnete das Museum NarboVia, eine umfangreiche Sammlung römischer Artefakte, Säulen- und Tempelelementen und Amphoren.
Es war der Versuch die eigene Vergangenheit zu zelebrieren und vielleicht, bis zu einem gewissen Grad, wieder auferstehen zu lassen.

Ausstellungsstück im Römermuseum “Narbo Via”


Betrachtet man diese Situation als Metapher für den lokalen Rugby-Verein, den Racing Club Narbonnais, könnte sie kaum treffender sein.
2009, nach 100 Jahren Erstklassigkeit, erstmals in die PRO D2 abgerutscht, spielt der orange-schwarze RCN* miitlerweileund über ein Jahrzehnt später in der drittklassigen Nationale.
Mit einer großen Baustelle an der Haupttribüne des in die Jahre gekommenen Parc des Sports et de l’Amitié und großen Namen wie Peter Betham und Josh Valentine ist der Verein vom Mittelmeer mit drei Siegen aus drei Spielen in die Saison gestartet.
Die Partie gegen Nizza, die seit dem vom RCN gewonnenen Halbfinale von vor ein paar Jahren eine stetig schwelende Rivalität verbindet, als holprig zu bezeichnen wäre eine Untertreibung – oder positiver formuliert: Das Spiel lebte von meiner Leidenschaft für diesen Verein.


Betrachtet man diese Situation als Metapher für den lokalen Rugby-Verein, den Racing Club Narbonnais, könnte sie kaum treffender sein.
2009, nach 100 Jahren Erstklassigkeit, erstmals in die PRO D2 abgerutscht, spielt der orange-schwarze RCN* miitlerweileund über ein Jahrzehnt später in der drittklassigen Nationale.
Mit einer großen Baustelle an der Haupttribüne des in die Jahre gekommenen Parc des Sports et de l’Amitié und großen Namen wie Peter Betham und Josh Valentine ist der Verein vom Mittelmeer mit drei Siegen aus drei Spielen in die Saison gestartet.
Die Partie gegen Nizza, die seit dem vom RCN gewonnenen Halbfinale von vor ein paar Jahren eine stetig schwelende Rivalität verbindet, als holprig zu bezeichnen wäre eine Untertreibung – oder positiver formuliert: Das Spiel lebte von meiner Leidenschaft für diesen Verein.

Starke Probleme in Gasse und Gedränge, ein wenig erfolgreicher Kicker und leichte Probleme mit der Disziplin sind keine Zutaten für ein erfolgreiches Spiel. Zumindest hat sich der Verein sein Flair für dramatische Spiele nicht verloren. Das Spiel durch einen verpassten Drop und danach Penalty in der 79. und 80. Minute zu gewinnen war mir dann allerdings insgesamt doch einen Tick zu spannend.
Wer den RCN besucht kann sich auf rund 4000 Fans im Stadion freuen, ebenso wie ein fantastisches Panorama im Hintergrund (zumindest von der Haupttribüne aus gesehen).
Im Hinterkopf sollte man allerdings behalten, dass es neben dem überfüllten Restaurant nur einen Foodtruck gibt und auch die Getränkestände oft überfordert sind. Das kann allerdings auch als vorteilhaft gesehen werden, da die Toilettensituation für Männer schwierig und für Frauen fast unmöglich ist (Stand 2023 und soweit ich mich zurückerinnern kann).
Von meiner zweiten Heimat geht der Trip weiter nach Agen und Toulouse – Artikel folgen.

Bleu, Blanc, Rugbyreisetagebuch – Agen & Toulouse

Nach einer Woche bei der Familie in Narbonne haben wir die bekannten Gefilde verlassen und uns zu dem ersten unbekannten Ort der Reise aufgemacht – Agen.
Agen liegt westlich von Toulouse, landschaftlich einmalig zwischen Canal du Midi und der Garonne. Kulinarisch muss man die Region mögen: Zwar ist der starke Fokus auf Entenprodukte in Okzitanien durchaus üblich, Foie Gras ist ethisch und geschmacklich aber natürlich nicht für alle ein Genuss. Gepaart wird das Entenconfit auch nicht mit Wein sondern mit einer Vielzahl an Pflaumenprodukten.
Der Ort und seine knapp 30.000 Einwohner wirken ein wenig aus der Zeit gefallen: Früher war man dank der Lage an zwei wichtigen Wasserstraßen ein wichtiges Handelszentrum, davon zeugen heute allerdings nur noch das stattliche Rathaus und das schicke Theatergebäude gegenüber.
Darüber hinaus wirkt der Ort schlicht wie eine idyllische, vielleicht etwas verschlafene südfranzösische Kleinstadt mit einem sehr sympathischen 70er-Jahre-Charme den man vor Ort erleben muss um ihn zu verstehen.
Trotz der geringen Größe kann Agen mit einer großen Zahl an Rugbygeschäften auftrumpfen und überzeugt mit dem frisch renovierten Stadion, der Heimat des Traditionsvereins Sporting Union Agen Lot & Garonne. Da während der WM die wenigen PRO D2-Spiele auf Dienstag und Mittwoch fallen, blieb es in Agen allerdings bei dem kurzen Abstecher zu dem Stadion und dem dazugehörigen Fanshop.
Am nächsten Tag ging es dann weiter (oder vielmehr eine Stunde auf der Autobahn zurück) nach Toulouse.


Nach einem ersten morgendlichen Rundgang durch die Stadt und entlang der Garonne sowie einem fantastischen Mittagessen am Place du Capitole bin ich dann mit dem Auto in Richtung Ernest-Wallons gefahren. Das ist eine Sache, von der ich unter normalen Umständen dringlichst abraten würde: In den kleinen Gassen in der Nähe des Stadions ist an Spieltagen wenig durchkommen und auch die Parkplätze sind rar. Bis 2025 soll das Stadion ohnehin an die Metro angebunden werden, vielleicht betrifft euch das zu dem Zeitpunkt also auch schon gar nicht mehr.
Um einen großen Parkplatzmangel musste ich mir keine Sorgen machen, auch wenn es die Spielerinnen und auch das Spiel selbst verdient gehabt hätten. Das kurzfristig auf einen Nebenplatz verlegte Pokalspiel zwischen Toulouse und Romagnat zieht nur wenige Hundert Fans.
Am Spielfeldrand brennt die Sonne vom blauen Himmel, auf dem Kunstrasenplatz sicherlich noch mehr. Zwar merkt man, dass es für beide Seiten das erste Spiel seit dem jeweils verlorenen Halbfinale der vergangenen Saison ist, das schadet der Stimmung und der Spannung aber nicht.
Im Gegenteil: Trotz der Beteiligung von internationalen Topspielerinnen wie Gäelle Hermet oder Pauline Bourdon Sansus hat das Spiel einen sehr familiären Charme – was es in einen starken Kontrast zur nächsten Etappe bringt.


Das Fandorf der Weltmeisterschaft in Toulouse liegt idyllisch am Ufer der Garonne und bietet eine feine Auswahl an Essens- und Getränkeständen: Neben Burgern und Crêpes gab es auch Toulouse-Hot Dogs, letztendlich eine Saucisse de Toulouse im Baguette mit einer sehr ansprechenden Zwiebelsauce. Bierstände waren ebenfalls genügend vorhanden und mein Sammlerherz konnte mit speziellen Stadionbechern zumindest teilweise befriedigt werden.
Die große Zahl an Sponsorenständen hingegen fühlte sich hingegen etwas mau an und wurde entsprechend wenig genutzt. Auch der Merchandise-Stand war etwas enttäuschend, vor allem fehlte mir ein Toulouse-spezifisches Souvenir.
Der Public Viewing-Bereich war angenehm groß, nur Sitzmöglichkeiten waren etwas rar. Liegestühle wie am Strand waren hier möglicherweise nicht die beste Wahl. Aber ein-zwei Bier bei Rugby und in Gesellschaft mit Mitspielern aus Berlin ließen sich trotzdem mehr als genießen.
Von Agen aus ging es am nächsten Tag dann weiter in Richtung Brive.

Rocamadour – Brive

Die für diesen Blog letzte Etappe (Dijon ist zwar dafür bekannt seinen Senf dazuzugeben, aber der Zwischenstopp ist aus Rugbysicht nicht relevant) führte uns aus Agen über die Landstraßen von Cahors, wo er dänische König ein Schloß mit Weingut besitzt, nach Rocamadour.
Der Pilgerort auf dem Jakobsweg war während der Pandemie die zweitmeistbesuchte Sehenswürdigkeit in Frankreich, im September, außerhalb der Saison, aber recht ruhig.
Der mittelalterliche Ort ist vor allem aus der Distanz beeindruckend: Die kleinen Gassen, die Kirche und die kleine Burg die sich an den Felsen schmiegen und sich übereinander in die Höhe stapeln, ragen aus der Nähe trügerisch in die Höhe. Spätestens aber als klar wurde, dass die einzelnen Ebenen über einen Fahrstuhl miteinander verbunden sind wurde schnell klar, dass die Schönheit des Ortes nur schwer mit meiner Höhenangst vereinbar sein dürfte.
Fast so überraschend wie der Gedanke einer Seefahrerheiligen in Zentralfrankreich waren die zahlreichen Rugbytrikots die daneben hingen.
Alte Trikots der großen Vereine Südfrankreichs und Trikots von großen und kleinen Nationalmannschaften schmücken die Wände der Kirchhöhle.
Zu Mittag gab es einen leckeren Crêpe mit lokalem Weichkäse, Honig, Walnüssen und Rucola – ein absolutes Highlight. Dem Ort angemessen.

Brive-la-Gaillarde als touristisches Highlight zu bezeichnen wäre wohl mindestens geflunkert. Dass der Geburtsort des ehemaligen Präsidenten der Republik, François Hollande, nicht zwangsläufig zu den schönsten Orten Frankreichs zählt war mir bei der Anreise natürlich klar. Deswegen waren wir nicht dort. Gut zusammenfassen lässt sich die Stadt vielleicht als unspektakulär. Es war definitiv nicht hässlich, wie mir mehrfach gesagt wurde, aber wirklich schön war es auch nicht.
Zwei Dinge stachen für mich doch heraus: Brive ist eine Rugbystadt. Ich dachte Narbonne wäre eine richtige Rugbystadt, aber Brive ist dort zwei Stufen drüber. Vielleicht, weil es sonst nicht wirklich etwas gibt, wo Narbonne noch Wein, Rom und Strand hat. Zweitens – sehr viele englische Touris. Also soviele, dass selbst wir für Engländer gehalten wurden. Vielleicht liegt es daran, dass der CA Brive einen englischen Präsidenten hat.
Und für den CA Brive waren wir schließlich auch da, denn wenn es schon einen Berliner Profi gibt, gehört dieser natürlich besucht.
Nach sechs Monaten Verletzung konnte unser neuer Podcast-Co-Host Oskar Rixen sein erstes Spiel zurück feiern und im deutschen Duell gegen Maxime Oltmann von der Bank kommen.
Das Stade Municipal Amedée-Domenech ist ein schmuckes kleines Stadion, sichtbar von fast überall im Ort, und überzeugt mit zwei großen Tribünen, einem schönen Stehbereich und sehr laxen Ticketkontrollen.
Der Online-Ticketshop ist allerdings eine Katastrophe, darauf sollten eventuelle Besucher vorbereitet sein. Außerdem, und das ist vielleicht kleinlich, ist das Carlsberg nur bei 0.45L der Becher, was nicht nur unrund sondern bei gleichem Preis auch sehr gefühlte Abzocke darstellt.
Trotzdem steht es einem mehr oder weniger frei das ganze Stadion und die Tribünen zu erkunden und sich seinen Platz zu suchen. Ich habe mich letzten Endes für einen Stehplatz direkt am Feld entschieden. Die Atmosphäre war für einen Mittwochabend anständig, auch wenn es das Spiel nicht zwangsläufig war (entsprechend auch die wiederum überraschenden Pfiffe gegen das eigene Team trotz Sieg).
Nach einer letzten Shoppingrunde durch die wirklich zahlreichen Rugbyläden der «Innenstadt» ging es am Donnerstag für uns dann über Dijon wieder nach Hause nach Berlin.



*die Sportfarben von Narbonne sind Orange und Schwarz, auch wenn die Stadtfahne Rot und Blau ist. Dies hat den simplen Grund, dass bereits der Erzrivale Béziers in diesen Farben spielte.